Liebe Freunde des Hotel Villa Provençale,
es ist wieder so weit: Die glorreichen Boule-Spieler beleben die Stadtmitte von Cavalaire-sur-mer. Wir freuen uns über das rege Treiben und haben schicken euch heute ein paar Zeilen über diesen typisch französischen „National-Sport“. Bei unseren Recherchen ist durchaus Erstaunliches zutage getreten. Tretet ein in die Welt des französischen Ballspiels, das alljährlich viele Einheimische und Touristen gleichermaßen fesselt. Wer weiß, vielleicht habt ihr im Laufe eures Urlaubes hier im Hotel Villa Provençale auch einmal Lust, die Kugel zu werfen? Dazu gehören natürlich ein paar Insider-Kenntnisse, die ihr hier findet. Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen!.
Boule – So fing‘s an
„Boule“ heißt auf deutsch schlicht und einfach “Kugel”. Diese Bezeichnung kennt ihr ja wahrscheinlich bereits von den köstlichen Eiskugeln, den „boules de glace“, die ihr hier im Sommer genießt. Das Boule-Spiel hat eine lange Tradition und reicht viele Jahrhunderte zurück. Die älteste dokumentierte Aufzeichnung findet man im alten Griechenland. Um 460 v. Chr. erwähnte der berühmte griechische Arzt Hippokrates von Kos erstmals „ein mit Steinkugeln durchgeführtes Spiel“. Ebenfalls in Griechenland, im 2. Jahrhundert nach Christus, beschreibt der griechische Gelehrte Julius Pollux ein Spiel, bei dem zwei Spieler einen entfernten Ziegelstein mit ihren Steinkugeln treffen müssen.
Das Boule-Spiel – eine lasterhafte Angelegenheit?
Das Spiel fand seitdem über viele Jahrhunderte begeisterte Anhänger, und zwar so viele, dass es im Laufe seiner wechselvollen Geschichte sogar zeitweise als zu „lasterhaft“ verboten wurde. In einem gerichtlichen Verbot des Kugelspiels von 1629 hieß es etwa: „Boule verführt zu lasterhaften Ausschweifungen und ist Ursache sonstiger Unverschämtheiten.“ Ganz besonders beliebt war das Spiel bei Soldaten und das erklärt auch, warum viele Boule-Begriffe der Sprache des Militärs entnommen sind. „So war der „Tireur“ derjenige, der den Zünder einer Kanone betätigte und „Pointer“ bedeutet wörtlich übersetzt „das Geschütz richten“. Noch im Jahr 1824 wurde in Lyon eine Verordnung erlassen, die das Spielen mit den Kugeln auf den Hauptstraßen der Stadt verbot. Doch das Spiel setzte seinen Siegeszug unaufhaltsam fort und bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann man in Lyon, das “Boule Lyonnaise” zu spielen. 1894 wurde dort auch der erste Wettbewerb veranstaltet, bei dem über 1000 Spieler drei Tage lang um die Plätze rangen. 1906 wurde der erste Verband gegründet. Aus dem „Boule Lyonaise“ entwickelte sich das „Jeu Provençal (“, das mit kleineren und leichteren Kugeln gespielt wird.
Pétanque – ein neuer Nationalsport im Süden Frankreichs
Eigentlich spielt man im Süden Frankreich nicht Boule, sondern „Pétanque“. Das Spiel entstand im Jahre 1910 in La Ciotat, einem kleinen, an der Côte d‘Azur gelegenen Städtchen, das in Richtung Marseille rund 100 km von Cavalaire-sur-mer entfernt liegt. Ein älterer Spieler des „Jeu Provençal (“ musste beim Spiel zuschauen, weil er von Rheuma geplagt war und somit weder den typischen Ausfallschritt noch die vorgeschriebenen drei Schritte Anlauf zum Schuss nehmen konnte. Aus dieser Notsituation heraus kam ihn die Idee, die Wurfdistanz zu verkürzen und zudem ohne Anlauf im Stehen zu spielen. Man stand in einem Abwurfkreis und spielte auf eine Entfernung von 6 bis 10 m. Von der Abwurfposition – der Spieler steht mit geschlossenen Füßen im Kreis – leitete sich auch der Name des Spiels ab. Die Bezeichnung für “geschlossene Füße” heißt auf französisch “pieds tanqués”, auf provenzalisch heißt es “ped tanco”. Diese beiden Wörter sind schon bald zu einem verschmolzen: Pétanque.
Seitdem wird Pétanque auf unzähligen öffentlichen Plätzen auch als Freizeit-Kugelspiel ausgetragen und entwickelte sich zum populärsten Ballspiel Frankreichs. Mit rund 600.000 Lizenz-Spielern in 76 (nationalen) Pétanque-Verbänden ist es die am weitesten verbreitete Kugelsportart.
Doch, egal, ob „Boule“, „Boule Lyonnaise”, „Jeu Provençal“ oder „Pétanque“, die Spielidee ist immer die gleiche: Es wird versucht, eine oder mehrere Kugeln näher an eine Zielkugel zu platzieren als der Gegner. Unterschiedlich sind allein die Spielregeln, das Gewicht der Kugeln und die Abmessungen des Spielfeldes.
Übrigens: In Cavalaire-sur-mer kann man an vielen Plätzen die Boule-Kugel werfen! Anfänger üben auch schon mal in geselliger Runde am Strand. Wer möchte, kann den Fortgeschrittenen bei Pétanque-Turnieren zuschauen. Weitere Informationen auch unter
www.Pétanque-generation.fr/concours/Pétanque/ville/cavalaire-sur-mer-departement-var-83/
Wir freuen uns auf ein baldiges Wiedersehen,
viele Grüße aus dem sonnigen Süden
eure Jutta und Rudolf!
Fotos: Colorbox